Coraline de Wurstemberger, Mont-sur-Rolle (VD) - Das Weingut der Frauen

Das Weingut der Frauen

Von diesem Blick träumt man eigentlich nur. In einem sanften Schwung fliessen die idyllischen Weinberge Richtung Genfersee, dahinter präsentiert sich stolz der Mont Blanc, mit 4810 Metern Höhe der höchste Berg der Alpen. Im See spiegeln sich die Wolken, inmitten der Rebberge steht das Haus von Coraline de Wurstemberger.

Genfersee mit Mont Blanc: Der traumhafte Ausblick von Coralines Haus.

„Les Dames de Hautecour“ steht auf der Schild beim Eingang. Das Weingut ist seit 1649 im Besitz der Familie, Coraline gehört zur 11. Generation. Doch noch erstaunlicher ist, dass das Gut immer schon von Frauen geführt wurde. „Das ist Tradition in den Genfer Familien“, erklärt Coraline. „Die Töchter bekamen die Bauernhöfe und Weingüter und die Söhne die Banken.“ Diese Tradition wurde nur nach ihrer Grossmutter unterbrochen, die keine Tochter hatte, dafür zwei Söhne. Einer davon war Coralines Vater, und er übernahm das Weingut.

Doch schon nach wenigen Jahren starb er 1993 völlig unerwartet in seinen Ferien in Italien. Coraline hatte gerade Zeit und so sprang sie ein. „Ich machte einen Önologie-Kurs, um mehr zu verstehen. Arbeitet bei der Ernte mit, half dem Önologen, lernte das Schneiden der Reben und wie man Wein macht.“ Langsam bekam sie ein Gefühl für das Weingut. „Nach zwei Jahren sagten meine Brüder, dass sie nicht daran interessiert sind, sie wollten ihren Teil verkaufen.“ Die Verhandlungen gingen jahrelang, doch 2002 wurde Coraline endlich die Besitzerin. Um die Brüder auszubezahlen, musste sie sich von einem Teil trennen, von ursprünglich fünf Hektaren blieben noch drei Hektar übrig.

Coraline erinnert sich: „Als Kind war ich oft hier bei meiner Grossmutter in den Ferien. Und jedesmal sagte sie: ‚Eines Tages wirst Du diesen Hof übernehmen!‘ Klar, weil es immer die Frauen waren, die das Weingut der Familie besassen. Doch ich dachte immer: Das ist unmöglich, das ist mir zuviel auf dem Land, ich bin eine Städterin.“ Doch mit der Arbeit auf dem Hof kam immer mehr die Lust auf.

Die 12. Generation auf dem Weingut

War das alles Bestimmung? Coraline überlegt. „Vielleicht ja. Hier sind meine Wurzeln, es war mir immer wichtig, dass das Weingut in der Familie bleibt. Und heute bin ich sehr stolz darauf, dass die Familientradition weitergeführt wird. Ich bin überzeugt, dass meine Tochter das Gut ebenfalls übernehmen wird.“ Dann wird Camille de Wurstemberger die 12. Generation auf dem Hof sein.

Ursprünglich hiess das Weingut nur „Hautecour“. Coraline: „Erst als ich in unsere Archive eintauchte, lernt ich die ganze Geschichte kennen. Ich wusste nicht, dass hier seit Jahrhunderten die Frauen das Sagen hatten. Meine Grossmutter war eine Grand Dame, und ich wollte ihr, aber auch allen unseren Vorgängerinnen, eine Hommage machen.“ So wurde das Weingut auf den Namen „Les Dames de Hautecour“ umgetauft.

Erfolg mit unmodischen Weinen

Machen Frauen andere Weine als Männer? Coraline lacht laut. „Ich denke nicht. Aber ich glaube, dass Frauen nur die Weine machen, von denen sie auch selber überzeugt sind – selbst wenn sie nicht in Mode sind.“ Und sie erzählt von ihrem „Chasselas sur lie“. „Damals haben alle gesagt: Kein Mensch wird das kaufen! Diese Art Wein ist doch aus der Mode.“ Zum Glück hat Coraline sich nicht beirren lassen. Der „Chasselas sur lie“ wird zum Käse aus der Region gereicht und ist einer der Höhepunkt des Swiss Tavolata-Essens.

Im nächsten Blog: Was Coraline ihren Gästen auf den Tisch bringt